Staatsanwaltschaft Köln ermittelt wegen IP-Sammlung von U+C
Die
Abmahnungen von Nutzern des Porno-Portals Redtube kommen inzwischen offenbar auch der Staatsanwaltschaft Köln merkwürdig vor. Kernpunkt ist die die Frage, wie die Kanzlei U+C an die IP-Adressen gelangen konnte. Das wollen die Staatsanwälte nun auch ohne Klagen von betroffenen Benutzern klären.
Wie die Kanzlei Werdermann von Rüden aus Justizkreisen in Erfahrung bringen konnte, ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln derzeit, wie die
Abmahnungen durch U+C zustande kommen konnten. Die Anwälte sagten dies der Tageszeitung "
Die Welt" und bestätigten den Bericht auf Anfrage von Golem.de. U+C hatte beim Landgericht Köln in Dutzenden Anträgen Tausende IP-Adressen der Telekom vorgelegt, um die Postanschrift von Nutzern zu ermitteln, die auf dem Portal Redtube auf vermeintlich illegale Weise urheberrechtlich geschützte Pornovideos per Stream abgerufen hätten.
Wie U+C an die IPs kommen konnte, ist bisher die größte Frage in der Diskussion über die Zulässigkeit der eingesetzten Mittel. Rechtsanwalt Johannes von Rüden sagte der Welt:
"Wenn die Staatsanwaltschaften nun auch ohne Anzeigen ermitteln, bedeutet dies, dass hier offenkundig der Verdacht von Straftaten im Raum steht. Damit kann der Frage nachgegangen werden, wie itGuards die IP-Adressen tausender unbescholtener Bürger ermitteln konnte".
Anwalt Nico Werdermann bestätigte Golem.de den Bericht der Welt und erklärte zudem, woher die Information zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln stammen - nämlich von der Behörde selbst. Werdermann hatte in Berlin
Strafanzeige wegen des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz gestellt, und die Kölner Ermittler wollten nun von dem Anwalt wissen, ob er von ihren Berliner Kollegen bereits ein Aktenzeichen erhalten habe.
Dabei steht unter anderem infrage, ob die zuvor unbekannte Firma ItGuards tatsächlich eine Software namens
GladII 1.1.13 hergestellt hat, welche die IP-Adressen beim Abruf von Streams ermittelt. Zu dem Programm hatte U+C auf Anfragen des Landgerichts Köln ein Gutachten vorgelegt. An der Richtigkeit dieses Gutachtens, das nach Aussage der Abmahner die technische Funktion nicht einmal genau beschreibt, gibt es
aber massive Zweifel - ebenso wie an der Existenz der Software selbst.
Vielmehr gibt es
die plausible Theorie, dass Nutzer durch eine Umleitung über einen sogenannten Adult Traffic Broker gezielt erst über eine andere Domain und dann auf Redtube gelangten - ohne dass sie das wollten oder kontrollieren konnten. Der Server dieser Redtube vorgeschalteten Domain könnte dann die IP-Adressen gesammelt haben.
Das Geschäftsmodell der Traffic-Broker
Wie die Welt berichtet, leitet der an der Aktion vermutlich beteiligte Traffic-Broker namens Trafficholder jeden Tag 20 Millionen Besucher über Landingpages an Pornoseiten weiter. Dabei werden Nutzer abgefangen, die über Suchmaschinen wie Google nach bestimmten Begriffen suchen. Unter den ersten Suchergebnissen befinden sich die Landingpages von Traffic-Brokern, welche selbst nicht die gewünschten Inhalte anzeigen oder sie nur in Vorschaubildern präsentieren. Erst wenn der Nutzer darauf klickt, landet er auf der Pornoseite selbst. Welcher Link von welchem Vorschaubild zu welcher Seite führt, bestimmt der Traffic-Broker, und das lässt er sich bezahlen - so funktioniert sein Geschäftsmodell.
Die Traffic-Broker stellen für die Pornobranche also eine ausgelagerte Suchmaschinenoptimierung dar (
SEO), welche die Anfragen beliebig verteilen kann. Da die Weiterleitung aber auch vom Kunden des Brokers über mehrere Server erfolgen kann - im Falle der Redtube-Abmahnungen sollen es mindestens zwei gewesen sein -, kann der Besitzer dieser Webseiten aber auch die IPs speichern.
Eine weitere ungeklärte Frage, auf die sich U+C beruft, ist die mögliche Illegalität von Streaming an sich. Dabei gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen, die Nutzer argumentieren in Foren oft mit dem
§44a des Urheberrechts, der
"vorübergehende Vervielfältigungshandlungen" auch von geschützten Werken straffrei stellt, wenn sie technisch notwendig sind, um eine Übertragung zu ermöglichen. Dem widersprechen aber manche Urteile, die im Streaming durchaus eine illegale Vervielfältigung sehen.
Ein Beispiel ist das Prozess gegen die Betreiber von Kino.to, den die Kanzlei Werdermann von Rüden in einem ausführlichen
Blogeintrag analysiert hat. Darin heißt es unter anderem:
"Der Gedanke der Nutzer, man schaue sich doch die Filme nur an und lädt doch aber gar nicht runter, sollte schnell beiseitegeschoben werden. Das Streamen erschöpft sich nicht nur im Betrachten der Filme, sondern es werden -wenn auch flüchtig und segmentweise - die Mediendaten auf dem Computer des Nutzers zwischengespeichert." Das, so die Anwälte, könne im Einzelfall durchaus eine Straftat darstellen.
Quelle: golem