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PC & Internet Verlags-Klagen gegen Uploaded - Finaler Schuss oder Eigentor


Gestern jubelte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels über den Ausgang von drei Verfahren, die das Landgericht München eindeutig zugunsten der Kläger entschieden hat. Demnach müssen Sharehoster schon ab dem ersten Hinweis auf illegale Downloads Schadensersatz leisten, wenn sie keine wirksamen Gegenmaßnahmen einleiten. Abschuss frei für alle Sharehoster, die sich auf deutschsprachige Werke spezialisiert haben? Oder muss man die Urteile vielmehr als Eigentore der Verlagsbranche werten? Wir beleuchten die bisherige juristische Taktik der Cyando AG und baten Piraten-Jäger Manuel Bonik um eine ausführliche Einschätzung.

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Laut der gestrigen Pressemitteilung des Börsenvereins haben die Buchverlage „einen weiteren Erfolg im Kampf gegen E-Book-Piraterie errungen“. Bisher kam noch kein deutsches Gericht zu dem Ergebnis, dass Sharehoster ohne Verzögerung oder weitere Schritte der Kläger Schadenersatz leisten müssen, sofern sie die Piraterie auf ihren Servern nicht dauerhaft unterbinden. Das soll sich ändern. Vergleichbare Verfahren mehrerer Vertreter der Musik- und Filmindustrie gegen Uploaded laufen noch, die Urteile werden innerhalb der nächsten Monate erwartet. Die Association of American Publishers (AAP) hat das Verfahren aktiv unterstützt, weil es als Muster bzw. Vorbild für weitere Gerichtsentscheidungen dienen könnte.

Sharehoster sollen an ihrem eigenen Geschäftsmodell ersticken

Leider nennt die „Presse-Information“ weder Ross noch Reiter. Es wird lediglich erwähnt, dass zwei deutsche Verlagsgruppen und ein internationaler Fachverlag die Klagen gegen die Betreibergesellschaft von ul.to angestrengt haben. Das Landgericht München hat mit den Urteilen vom 18. und 31. März 2016 entschieden, dass der Betreiber „für Urheberrechtsverstöße seiner Nutzer umfangreich mit haftet, weil er trotz Kenntnis über die illegalen Downloads weitere Rechtsverletzungen nicht verhindert habe.“

Die Verlage hoffen, dass die Sharehoster künftig an ihrem eigenen Geschäftsmodell ersticken. Die Verlags-Juristen wissen genau, die Uploader füllen den Sharehostern nur die Festplatten, wenn sie beim Partnerprogramm, im Ausland Loyalty program genannt, genug Geld für ihren Upload (= das Hochladen der Werke) erhalten. Umso begehrter die heiße Ware ist, umso mehr Downloads werden beim Sharehoster generiert, umso höher fällt dann die Auszahlung für den Uploader aus. Wenn aber die Sharehoster haftbar gemacht werden können und unverzüglich Schadenersatz an die Rechteinhaber zahlen müssen, dann wäre dies im Fall einer höchstrichterlichen Bestätigung das Aus vieler illegaler Anbieter. Und wenn man schon nichts gegen die schwarzen Schafe ausrichten kann, die sich hinter Briefkastenfirmen weit außerhalb der EU verstecken, so kann man wenigstens etwas gegen den Branchenprimus Uploaded tun. Soweit die Hoffnung der Verlage, bzw. die Theorie dahinter.

Die juristische Auseinandersetzung fing bereits im Frühjahr 2014 an. Den Anfang nahm der Streit, weil man sich weigerte, effektive Maßnahmen gegen die ausufernde Piraterie der eigenen Benutzer zu ergreifen. Die Sache ist im Prinzip ganz einfach. Eigentlich müsste der One-Click-Hoster nur die bekanntesten Warez-Blogs (wie etwa Lesen.to) oder die Warez-Foren wie myGully.com oder Boerse.to überwachen. Oder halt die Webseiten, die dem Hoster von den Rechtinhabern benannt werden. Wenn dann sofort per Script auf den eigenen Servern alles gelöscht wird, was in den einschlägigen Seiten zum Download angeboten werden soll, dann könnte man die Urheberrechtsverletzungen effektiv eindämmen. Tja, dann würde man natürlich auch das eigene Geschäftsmodell innerhalb kürzester Zeit selbst zunichtemachen. Meine Anfrage per Twitter wurde vom Team von uploaded.net zumindest bisher nicht beantwortet.

Uploaded: Zermürbungstaktik statt Fakten?

Die Cyando AG hat eine Rechtsanwaltskanzlei aus München beauftragt, die vor Gericht offenbar eine recht interessante Zermürbungstaktik vollführt hat. Wir hörten, sowohl die Richter als auch die Anwälte der Gegenseite mussten sich in vergeichbaren Fällen durch extrem umfangreiche Schriftsätze arbeiten, um der Argumentation der Münchener Rechtsanwälte folgen zu können. Kritische Stimmen stellen sich dabei häufiger die Frage, ob die Kanzlei pro Seite bezahlt wird. Normalerweise berechnen sich die Kostennoten der Juristen stets auf Basis der geleisteten Arbeitsstunden.

Der von der Cyando AG beauftragte Wiener IT-Dienstleister (I*****), der für die Anti-Piracymaßnahmen zuständig ist, versuchte sich in einem ähnlich gelagerten Fall vor Gericht mit unzähligen Eidesstattlichen Versicherungen zu verteidigen, die absichtlich sehr schwammig formuliert wurden. Man behauptete, man arbeite in einem Dreischichtbetrieb, um die eigenständige Suche nach Urheberrechtsverletzungen abarbeiten zu können. Der angebliche Dreischichtbetrieb der Mitarbeiter dieses Unternehmens konnte aber in beigefügten Arbeitszeitprotokollen nicht belegt werden. Die Zermürbungstaktik der Kanzlei mit ellenlangen Schreiben wurde bereits an mehreren Stellen angewendet. Ob man mit den vielen zum Teil eingescannten Dokumenten den bzw. die Richter beeindrucken wollte?

Auch das angepriesene Advanced Takedown Tool aus dem Jahr 2013 leistet nicht, was es eigentlich leisten soll. So wurde beispielsweise die Anzahl der täglichen Abuse-Mitteilungen auf 2.000 pro Rechteinhaber limitiert. Eingereicht werden kann lediglich der Download-Link bei Uploaded, nicht aber die Quelle (das Warez-Forum bzw. der Blog). Auch der gerne in Anspruch genommene Vergleich mit Dropbox klingt auf Fachleute recht erheiternd, weil bei Dropbox vergleichsweise selten Raubmordkopien hochgeladen werden. Außerdem hat Dropbox im Laufe der vergangenen Jahre ein völlig anderes Geschäftsmodell entwickelt.

Manuel Bonik: Das Hase-und-Igel-Spiel geht bald von Neuem los!

Der Berliner Autor und Unternehmensberater Manuel Bonik kommentiert:

Uploaded war in den letzten Jahren sicherlich der schlimmste Filehoster, und insofern trifft es den Richtigen – gratuliere! Erfahrungsgemäß dauert es allerdings nur wenige Wochen oder gar Tage, bis Konkurrenten (von denen es hunderte gibt) übernehmen und das Hase-Igel-Spiel von Neuem losgeht.

Es wäre interessant zu erfahren, welche Art von Verlagen da geklagt haben. Naturwissenschaftliche Verlage haben von dem Urteil nichts, weil deren Geschicke inzwischen in Russland entschieden werden (dazu habe ich übrigens morgen auch einen Artikel in der FAZ), wo Filehoster im alten Sinne in diesem Spiel keine Rolle mehr spielen. Wehe, wenn die sich in Moskau noch mehr für Belletristik interessieren, als sie es im Moment tun!

Es ist halt dasselbe wie bei ähnlichen früheren „Schlägen gegen die Piraterie„, ob gegen Rapidshare, Kino(x) oder Sci-Hub: Entweder wechseln die einfach die Domain oder es stehen Konkurrenten in den Startlöchern – meist innerhalb weniger Tage, da kommen die äußerst langsam mahlenden Rechts-Mühlen nicht hinterher. Und man darf sich (insbesondere als Beitragszahler des Börsenvereins oder wer immer die Anwaltskosten bezahlt) fragen, wer was von solchen „Schlägen“ hat – womöglich nur die Anwälte?

Der Börsenverein behauptet: „Die neue Rechtsprechung entziehe dem Geschäftsmodell der Sharehoster nun immer mehr die Grundlage.„, und man fragt sich, wie er auf sowas kommt. „Die neue Rechtsprechung“ mag an dieser Stelle Uploaded ein wenig ärgern, aber am Grundsätzlichen ändert sich überhaupt nichts. Und sollte sich Uploaded nun ähnlich wie seinerzeit Rapidshare verabschieden, ist möglicherweise zum Beispiel Nitroflare (Sitz Hongkong) der nächste „Big player“.

Hiesige Institutionen klagen halt (nur), wo sie sich was von hiesiger Jurisdiktion versprechen, und der entziehen sich die (potentiell) Beklagten immer mehr. Schön für den Angler, wenn ihm der Wurm so gut schmeckt, dass es ihm egal sein kann, ob überhaupt noch Fische im Tümpel sind. Und ihm natürlich jemand die Wurm-Rechnungen bezahlt.“

Quelle: Tarnkappe
 
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